Simon Wascher
Musiker
Traditionelle europäische Tanzimprovisation

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Vom Erben, oder "Leistung muss sich wieder lohnen", oder "Wos woar mei Leistung?"
der Spruch von der Leistung die sich wieder lohnen müsse, wird häufig von Personen verwendet, die sich auch vehement für das Recht zu Erben einsetzen.

Es stellt sich die Frage welche Leistung des Erben wird durch das Erben angemessen entlohnt?

Das besondere am Erben ist ja, dass eine Leistung dafür nicht erbracht werden muss, dieses Recht hat als Voraussetzung im wesentlichen den Grad der Verwandschaft zum Erblasser und dessen letzten Willen.

Nun kann prinzipiell der Erblasser mit seinem Vermögen im Rahmen der Gesetze zu Lebzeiten tun was er möchte, er kann es zum Beispiel an wen immer er mag weitergeben, im Rahmen eines Geschäfts oder ohne Gegenleistung - als Spende oder Schenkung, und nach geltendem Steuer-, Spenden- und Schenkungsrecht.
Dies alles sind Rechte des noch lebenden Erblassers, nicht aber des Erben.
Ein durch Gesetze zugesichertes Recht zu Erben, also das Recht auf ein Pflichtteil, ebenso wie das Recht auf eine (steuerfreie) Annahme des Vermögens aus einer Erbschaft bilden hingegen ein "Vorrecht der Geburt", denn das Erbrecht fusst auf der Abstammung. Es ist eine positive Diskriminierung (vergleiche österreichisches Bundes-Verfassungsgesetz, Artikel 7. (1) "Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen"). Benachteiligt, diskriminiert werden dabei allerdings alle Anderen, da sie quasi per Geburt nicht erbberechtigt sind.

Das Erbrecht steht also im Widerspruch zur Erklärung der Menschenrechte und der Verfassung und muss daher abgeschafft werden.

Gegen diese klare Argumentation wird eingewandt, dass

1. die Abschaffung des Erbrechtes der Volkswirtschaft schaden würde, weil die Kontinuität der Wirtschaftsbetriebe gefährdet wäre, und

2. den Hinterbliebenen ihre Lebensgrundlage entzogen würde, sie ihren Wohnort verlieren würden oder wirtschaftlich Mittellos würden

zu 1. - die Abschaffung des Erbrechtes gefährdet die Kontinuität der Wirtschaftsbetriebe

Die Kontinuität der Wirtschaftsbetriebe ist nicht untrennbar mit dem Erbrecht verbunden: Es würde auch niemand auf die Idee kommen einem Arbeiter die Vererbung seines Arbeitsverhältnisses zuzugestehen weil dies der Volkswirtschaft diene.
Darüber hinaus zeigen etwa Aktiengesellschaften oder Genossenschaften, dass es eher der Stabilität diehnt, wenn Wirtschaftsbetriebe nicht unmittelbar vom wohl und wehe einer Person abhängen.

Der Erblasser kann in einem Betrieb verschiedene Funktionen haben: zum Beispiel Eigentümer, Geschäftsführer, Mitarbeiter.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Grad der Verwandtschaft und dem Übergang einer dieser Funkionen von einer Person auf eine Andere, wie es nach dem Tod eines Eigentümers, Geschäftsführers, Mitarbeiters unvermeidlich ist, besteht nicht. Im Gegenteil, eine Ungleichbehandlung bei der Auswahl eines Eigentümers, Geschäftsführers, Mitarbeiters nach "Geburt, Geschlecht, Stand, Klasse und Bekenntniss" ist Verboten.

Praktisch lassen sich verschiedene Modelle denken in denen die besonderen Qualitäten eines Familienbetriebes ohne Erbrecht erhalten bleiben:
Die Mutter hat den Betrieb erworben, die Tochter möchte ihn als Nachfolger weiterführen: wenn diese Tochter dazu qualifiziert ist und bereit ist dieselbe Leistung einzubringen wie die Mutter, also den Betrieb zu erwerben und zu führen wie es auch die Mutter tat, spricht nichts dagegen.
Das Erbrecht führt allerdings zu einer ungerechten Ungelichbehandlung zwischen Verwandten und Nichtverwandten Betriebsnachfolgern. Ein nicht erbberechtigter Mitarbeiter der den Betrieb übernehmen will muss sich üblicherweise, meist noch zu Lebzeiten des vorherigen Inhabers, einkaufen, so er erbberechtigt ist muss er das meist nicht.

Sicherlich ist es sinnvoll die Weiterführung eines Betriebes durch einen Nachfolger - sei er nun verwandt oder nicht - durch entsprechende gesetzliche Regelungen zu fördern, etwa durch langfristige Darlehen, und die Gestaltung der Rechtsform des Betriebes, so dass dieser nicht untrennbar mit dem Eigentümer verbunden ist.

Unbestritten ist, dass die besondere Motivation die sich etwa aus der Verknüpfung von Eigentümerschaft und Geschäftsführung ergibt, einen positiven Effekt haben kann. Ein Automatismus nach dem ein beliebiger Erbe des Vorbesitzers dabei eine bessere Leistung erbringen würde, besteht jedoch nicht.

Die Abschaffung des Erbrechtes bedeutet keinesfalls den Verzicht auf die möglichen Modelle der Verknüpfung von wirschaftlichem Betriebserfolg und persöhnlichem Gewinn wie etwa Anteilserwerb und Prämienzahlungen an Leistungsträger eines Betriebes.

zu 2. - die Hinterbliebenen würden ihren Wohnort verlieren oder wirtschaftlich Mittellos

Das Recht kennt bereits heute verschiedene Regelungen um sozial oder wirtschaftlich in Not Geratenen zu helfen. Solche Regelungen, wie man sie etwa das Scheidungsrecht oder das Fürsorgerecht kennt, müssen bei Abschaffung des Erbrechtes auch für die allgemeine Versporgung Hinterbliebener geschaffen werden, und es gibt solche ja bereits auch, etwa in Form von Waisen- und Witwenpensionen, oder etwa bei der Übernahme von Mietverträgen durch Hinterbleibene.

Die Einräumung von Wohnrechten und Nutzungsrechten an im gemeinsamen Haushalt Hinterbliebene könnte ebenso gehandhabt werden wie die bestehenden Wohnrechte nicht verwandter Personen in Immobilien eines Verstorbenen.
Betreffend Möbel und Hausrat wäre ein Weiternutzungsrecht durch im gemeinsamen Haushalt Lebende Hinterbliebene sinnvoll, und Freibeträge für die Gegenleistungslose Übernahme von Möbeln und Hausrat, auch durch nicht im gemeinsamen Haushalt Lebende.
Auch können gesetzliche Regelungen etwa die Gewährung langfristiger Darlehen/Mietkauf etc. auch den Erwerb des Nachlasses erleichtern.

Allgemein würde die Unterstützung von Hinterbliebenen in präkärer wirtschaftlicher oder sozialer Lage durch die Abschaffung des Erbrechts eher erleichtert: Die Vermögen Verstorbener könnten für die Verbesserung der Lage aller Hinterbliebenen verwendet werden ohne Ansehen von "Geburt, Geschlecht, Stand, Klasse und Bekenntniss".


Das Recht das eigene Kind, ob dazu qualifiziert oder nicht, zum Geschäftsführer und Eigentümer von Betrieb, Haus und Hof zu machen bleibt davon unberührt.

Ledliglich die Bevorzugung von Erben ist abzuschaffen: Niemand hat das Recht zu erben.

Simon Wascher, Wien, im April 2013


Ergänzend:
Interview mit Jens Beckert (46) ist Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln.


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