Simon Wascher
Musiker
Traditionelle europäische Tanzimprovisation

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Warum man kein Essen wegwirft
Irgendwie kommt es mir ja total absurd vor, diesen Text schreiben zu müssen. Aber ja, ich stelle fest ich habe Freunde die nicht nur nichts dabei finden Essbares wegzuwerfen, sondern mich für mein Aufbegehren dagegen sogar als rückständig belächeln, und so lustige Kommentare machen wie "du bist wohl auch einer von denen die noch nicht begriffen haben, dass der Krieg vorbei ist".

Die Sache ist doch eigentlich ganz einfach. Wir leben in einer Welt mit begrenzten Ressourcen. Alles was ein Mensch (ver)braucht, steht einem anderen Menschen - und dem Rest der Welt - nicht mehr zum Verbrauch zur Verfügung.[1] Das ist unvermeidbar, und dafür muss sich auch niemand Verantworten.

Anders ist es mit Ressourcen die ich nicht verbrauche aber entwerte, etwa in dem ich Brot in den Müll werfe und damit ungeniessbar mache.
Das ist nicht notwendiger Verbrauch sondern hier werden Ressourcen, die anderen Menschen zustehen ohne Notwendigkeit nicht verbraucht sondern verschwendet.

Mein Freund würde wohl argumentieren, das alte Brot in seiner Küche würde ohnehin niemand anderem helfen, er könne es ja nicht zu den Bedürftigen "nach Afrika" schicken, und er selbst wolle es eben nicht mehr essen.

Dagegen gibts jedoch Abhilfe. Im Konkreten Fall geht es wohl darum zu Lernen mit übrigebliebenem Essen schmackhaft zu kochen. Das ist keine Hexerei und auch keine Zumutung.
Viele berühmte und ausgezeichnete Gerichte entstanden aus der Resteverwertung, zu Brot etwa: alles Panierte von Wiener Schnitzel bis Champignons gebacken, Croutons, Semmelknödel, Bruschetta, Toast, Butterbrösel zu Gemüse, der Teig der Innviertler Speckknoedel, Zwieback, Brotpudding, Brotsuppe, Scheiterhaufen, ...

Daneben bieten sich verschiedene weitere praktische Strategien an:
Aber im wesentlichen geht es um das Aufgeben einer Attitüde die da lautet: "ich kann es mir leisten Essen wegzuwerfen, ich zeige, dass ich ein Leben im Überfluss führe".
Der Spruch "du bist wohl auch einer von denen die noch nicht begriffen haben, dass der Krieg vorbei ist" zeigt meiner Meinung nach, dass die Person selbst der Nachkriegszeit noch nicht entwachsen ist, mit einem ungestillten Bedürfnis nach verschwenderischem Überfluss als Ausgleich für das Gefühl eines überstandenen Lebens im Mangel.

Erst die Erkenntnis, das wir alle ohnehin ein Leben in Fülle leben, auch dann, wenn wir sorgfältig mit Ressourcen umgehen beendet die innere Nachkriegszeit.
Übriggebliebenes Essen zu verkochen ist kein Zeichen des Mangels sondern der Vernunft.

Verschwendung ist ja nichts anderes als sich etwas herausnehmen, das Beanspruchen der Ressourcen der Anderen und demnach mit der Gleichheit der Rechte aller Menschen unvereinbar .

Nimm dir von der Welt nicht mehr als das, was du notwendig brauchst und wenn du dir zuviel genommen hast, gib es zurück.

Simon Wascher, Wien, im Januar 2016



Fussnoten

1 Verbrauchen heisst in dem Fall, in einen Zustand bringen in dem es zur Ernährung ohne weitere Umformung nicht geeignet ist.


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